Thread by @reinboth

Warum die Absage des #BauhausDessau an #FeineSahneFischfilet für mich ein echter Voltairescher "Ich hasse, was du sagst, aber ich würde mein Leben dafür geben, dass du es sagen darfst."-Moment ist. Ein (hoffentlich letzter) #Thread. 1/13 #Bauhaus #KulturLSA #LTLSA #LSA #Dessau

Mag ich die Band? Finde ich deren Texte gut? Halte ich das #Bauhaus für eine angemessene Bühne? Nein, nein und nochmals nein. Grauenhaft. Nach meinem Kunstverstandnis müssten da Grieg und Bach gespielt werden. Aber das ist irrelevant. Warum? Na, weil es eben um #Kunst geht. 2/13

Ebenso irrelevant ist das Kunstverständnis jedes Abgeordneten, Ministers, Redakteurs oder Facebook-Posters. Jeder kann zu #Kunst eine Meinung haben. Aber für ein "das darf nicht gezeigt/gespielt/aufgeführt" werden braucht es viel mehr als ein diffuses "passt nicht"-Gefühl. 3/13

Sehen wir uns also die Argumente der Reihe nach an. 1) "Bilder von Neonazi-Demos hätten das #Bauhaus schlecht aussehen lassen." Wenn man dieses Argument ernst nimmt, kann keine öffentliche Veranstaltung an einem prominenten Ort mehr stattfinden, die Rechtsextremen missfällt. 4/13

Das kann und darf es also nicht sein. Darüber hinaus haben die vehemente Kritik aus dem In- und Ausland und die viele negative Aufmerksamkeit gezeigt, dass man das #Bauhaus-Image mit der Absage nicht geschützt, sondern es ganz im Gegenteil leider schwer beschädigt hat. #LSA 5/13

Bilder von Rechtsextremen, die gegen das #Bauhaus protestieren, weil man sich da nicht ihrem Willen beugt, konstituieren keinen Imageschaden, den es zu meiden gilt, sondern zeugen vielmehr von einer Haltung, die #SachsenAnhalt im #Bauhausjahr gut zu Gesicht gestanden hätte. 6/13

Also weiter zu Argument 2) "Man kann es der #Polizei nicht zumuten, Leute zu schützen, die keine Polizisten mögen." Oh doch, das kann man. Lehrer müssen unsympathische Schüler unterrichten, Ärzte unsympathische Patienten behandeln. Jeden Tag. Das ist völlig unverhandelbar. 7/13

Ich bin mir zudem sicher, dass viele Polizisten gut darauf verzichten könnten, bei jedem "Hochrisikospiel" im #Fußball die Knochen hinhalten zu müssen, damit Chaotenfans sich austoben können. Auch da fragt niemand nach - also tut es bitte auch dann nicht, wenn es euch passt. 8/13

Weiter zu 3) "Die Stiftung muss das #Weltkulturerbe #Bauhaus vor physischen Schäden schützen, zu denen es bei Demos hätte kommen können". So erst gestern vorgetragen von der Stiftungsleitung in der ZEIT - und ein Argument, das man unbedingt mal auf sich wirken lassen sollte. 9/13

So weit sind wir schon. So weit, dass eine kluge Frau wie Claudia Perren es für plausibel hält, dass marodierende Rechtsextreme so große physische (!) Schäden am #Bauhaus anrichten, dass der Kulturerbe-Status in Gefahr gerät. Ein Warnschuss von ohrenbetäubender Lautstärke. 10/13

Kommen wir zu 4) "Die Band sollte nicht im #Bauhaus auftreten dürfen, weil ihre Texte politisch extrem sind." Ja, das lohnt es sich zu diskutieren. Welche (allgemeingültigen) Maßstäbe legen wir da an? Darüber spricht aber keiner. Nur über einen x Jahre alten Songschnipsel. 11/13

Das muss allen Beteiligten klar sein: Von fast jedem Künstler finden sich Texts, Fotos, Tweets, an denen man sich stören kann und die nicht gut zum #Bauhaus oder zum #ZDF "passen". Also doch wieder nur Grieg und Bach? Ich wäre ja nicht böse - aber kann es das wirklich sein? 12/13

Damit bin ich am Ende wieder bei Voltaire. Ich sehe mich gezwungen, eine Band zu verteidigen, die ich furchtbar finde und die für mich weder ins #Bauhaus noch ins #ZDF gehört. Und ich hasse jede Sekunde. Aber: Prinzipien. Sollte jedem Konservativen ein Herzensanliegen sein. 13/13