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Ein Thread zum Glawischnig-Piesczek/Facebook-Urteil des EuGH: 1. es geht um Verpflichtung von Facebook als Host-Provider iSd Art 14 E-Commerce-RL (nicht um Haftung von Usern, nicht um Haftung für allfällig über Hosting hinausgehende "redaktiuonelle" Tätigkeit von Facebook)
2. EuGH weist (Rn 29) auf "besonders großes Ermessen" der Mitgliedstaaten beim Verfahren zur Abstellung von Rechtsverletzungen hin (dh: nationale Gesetze können hier deutlich voneinander abweichen, was Ö vorsieht, muss zB DE nicht kopieren und umgekehrt)
3. nach Art. 18 EC-RL abzustellen ist "jede" mutmaßliche Rechtsverletzung, abzuwehren ist "jeder weitere Schaden", auch wenn in der deutschen Sprachfassung (anders als in frz oder englischer Fassung) der EC-RL das Wort "jede/r" jeweils fehlt
4. Gerichtliche Verfügung, dass ein bestimmter Inhalt rechtswidrig ist, kann als "spezifischer Fall" (iSd ErwGr 47 zur RL) angesehen werden, in dem dem Host-Provider Überwachungspflichten - zu take and stay down der wortgleichen rechtswidrigen Äußerungen - auferlegt werden können
5. unscharf wird das bei den "sinngleichen Äußerungen", die in Ö in aller Regel mit der EV mituntersagt werden (ohne näher festzulegen, was "sinngleich" ist); es geht um einen im Wesentlichen unveränderten Inhalt, der "sehr wenig" vom für rechtswidrig erkannten Inhalt abweicht
6. EuGH betont zunächst, dass nicht Begriffe für rechtswidrig erkannt werden, sondern die damit vermittelte Aussage; Verfügung muss sich daher auf Inhalt erstrecken können, der "zwar leicht unterschiedlich formuliert ist, aber im Wesentlichen die gleiche Aussage vermittelt"
7. allerdings will EC-RL Gleichgewicht zwischen beteiligten Interessen schaffen und Hoster kann nicht Pflicht auferlegt werden, "aktiv nach Umständen zu forschen, auf denen der rechtswidrige Inhalt beruht" - Hoster darf durch eine Verfügung nicht "übermäßig" verpflichtet werden.
8. sinngleiche Informationen müssen "spezifische Einzelheiten umfassen, die von demjenigen, der die Verfügung erlassen hat, gebührend identifiziert worden sind" (Namen der betroffenen Person, Umstände der Verletzung und "Inhalt, der dem für rechtswidrig erklärten sinngleich ist")
9. heißt das tatsächlich, dass das nationale Gericht in der EV schon die sinngleichen Inhalte identifizieren muss? Im Spruch oder reicht die Begründung? Das Wesen der sinngleichen Inhalte ist ja, dass man nicht im Vorhinein alle sinngleichen Äußerungen wissen kann
10. im konkreten Fall: hätte das Gericht, das "miese Volksverräterin" untersagt hat, dazuschreiben müssen, dass auch "fiese Volksverräterin" nicht geht? Der EuGH verlangt jedenfalls, dass Facebook nicht gezwungen sein darf, keine autonome Beurteilung des Inhalts vorzunehmen
und dementsprechend auf "automatisierte Techniken und Mittel zur Nachforschung" zurückgreifen können muss. Mit anderen Worten: Facebook darf nicht zum Nachdenken gezwungen werden - was aber zum wirksamen Verhindern sinngleicher Äußerungen notwendig wäre.
11. zur "weltweiten" Durchsetzung: der EuGH belässt es hier bei der lapidaren Antwort, dass die RL keine räumliche Beschränkung für Maßnahmen vorsieht, dass Mitgliedstaaten aber die "internationalen Regeln" (welche auch immer das hier sein mögen, gebührend berücksichtigen müssen
12. Zusammenfassend: ein wichtiger Schritt gegen Facebook-Hasspostings, und zugleich ein bedenklicher Schritt Richtung automatisierter Inhaltskontrolle durch Filter, die der Vielfalt möglicher - sinngleicher wie nicht sinngleicher - Äußerungen kaum gerecht werden kann
m.a.W.: mit automatisierten Filtern kann nicht jede sinngleiche Äußerung erfasst werden, dafür werden aber mehr als bloß sinngleiche Äußerungen erfasst werden. In Ö wird man jedenfalls darüber nachdenken müssen, wie sinngleiche Äußerungen schon in der EV umschrieben werden können
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