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Anläßlich des Auftrags zur Regierungsbildung eine kleine Orientierung durch die Nebelgranaten der Kommentatoren und Kristallkugel-Leser in Form eines Threads.
Spoiler: Es sollte immer und wird wieder Türkis-Blau werden. Und Kurz wird der FPÖ Zugeständnisse machen.

#nrw19 #wahl19
Aber, aber, aber rufen alle message controllierten Redaktionen auf, die FPÖ, die Rechtspopulisten sind entzaubert, eine Koalition mit der Truppe nach Ibiza und Spesen unmöglich und ausgeschlossen. Es liegt jetzt an den Grünen, staatsmännische Verantwortung zu übernehmen, sonst...
Ja, was sonst? Hier werden Nebelgranaten geworfen und die Schuld am kommenden Scheitern der Verhandlungen schon vorab zugewiesen. Man muss schon Kompromisse eingehen, wenn man an die Regierung will, liebe Grüne. Klimaschutz ja okay, aber der Souverän will Ausländern weh tun.
Deshalb hier einige Punkte, von denen man gerade ablenken will:

Der talentierte Mr.#Kurz will, wollte und wird immer Türkis-Blau vorziehen. Er hat im Wahlkampf vorm Linksruck gewarnt, gemeint war immer die Rettung von Türkis-Blau. Warum? Weil er nichts Anderes (mehr) kann.
Weil er kein Kompromiss- oder Konsenspolitiker ist und niemals war. Er gefällt sich und seinen Wählern als Durchsetzer aber jedes Mal, ausnahmslos jedes Mal, wenn seine Kompromissfähigkeit gefragt war, kam nichts raus. (Höhepunkt: 6 Monate vergeudete EU-Präsidentschaft)
Türkis-Blau war auch nie eine Koalition, sondern ein Tauschgeschäft zweier extremer Strömungen, die für sich eigentlich keine Mehrheiten haben. Wenn man auf Ausländer drauf haut oder das BMI hergibt, bekommt man die 12-Stunden-Woche im ÖNR durch. Easy. Tausch nicht Kompromiss.
Wieso sollte man das aufgeben? Gegen Grüne, mit denen man dann eventuell noch streiten oder – Gott bewahre – im Parlament sachlich argumentieren müsste, statt Gesetze einfach so ohne Begutachtung durchzuboxen. Der gemütliche Platz am kalten Buffet steht für die #ÖVP auf dem Spiel
Das Projekt #Kurz steht auf sandigem Untergrund: In den letzten zwei Jahren hat Kurz das Ausländerthema türkis-höflich übermalt und der FPÖ mit ihrem eigenen Thema (plus Ibiza uns Spesen) ihre Wähler abgenommen. Problem: wenn Kurz im Kurs umlenkt, gehen die wieder zurück. Sofort.
Es ist die strategische Sackgasse eines One-Trick-Ponys. Sein ganzer Zugewinn kommt nur aus der höflichen Umformulierung des einzigen freiheitlichen Inhalts. Er kann sich nicht mäßigen. Er darf sich nicht mäßigen. Sonst wird sein ganzes auf Sand gebautes Projekt weggeschwemmt.
Er kann nicht zur Mitte, weil er sonst auf der rechten Seite Angriffsfläche für die FPÖ bietet. Eine von Unternehmen geforderte und sinnvolle Regelung für Asylwerber in Lehre, egal wie sie aussieht? "Die Maske des Gutmenschen Kurz fällt" Kickl reibt sich jetzt schon die Hände.
Das wird noch richtig bitter: Die ÖVP fährt vom Erfolg geblendet weiter in eine Sackgasse rein, in der schon die Republikaner mit Trump, die Tories mit dem Brexit stecken. Wer sich auf die Radikalisierung einlässt, bleibt im Sumpf stecken und sinkt nur mehr tiefer. Auch die ÖVP.
Die Wahrheit ist: Es gibt für Kurz keine Mehrheit aus der Mitte, nichts zu gewinnen aus der Mitte, aber nur am rechten Rand viel zu verlieren.

Eine Mitte-Koalition egal mit wem stellt sein ganzes Projekt aufs Spiel.

Niemand in der #ÖVP denkt ernsthaft an Türkis-Grün.
Aber wieso nicht mit offenen Karten spielen? Die Mehrheit hat er doch? Die Antwort: #Kurz muss ein Drama inszenieren, weil die Unterstützung in der Mitte bröckelt. Er hat 200.000 Stimmen gewonnen, aber das enthält 250.000 FPÖ-Wähler. 50.000 Wähler sind schon im Zentrum verloren.
Die Abneigung gegen die FPÖ ist unerwartet größer denn je. Die Gründe für die FPÖ abseits von Einzelfällen, Korruption, Spesen sind für viele Parteifreunde, Wähler nicht mehr im messbaren Bereich. Die brauchen eine Show, damit man guten Gewissens weiter die Augen zudrücken kann.
Und so schwärmt die Message Control aus, um die Verhandlungen mit den Grünen und das geplante Scheitern vorab zu framen. Es liegt an den Grünen, dem Staat zu dienen, aber – ausgenommen Klima – nicht an Kurz, der tatsächlich am Scheideweg zwischen Kalkül und Staatsräson steht.
Die Grünen wehren sich verbissen, doch das Urteil ist schon gefällt. Es geht nur um die Story, das Vorspiel, das Türkis-Blau zur einzigen, zähneknirschenden Das-hab-ich-nicht-gewollt-aber-Siggi-Maurer-ließ-mir-keine-Wahl-Alternative macht.

Und dann kommt es richtig dick.
Weil niemand wirklich darüber nachdenkt, was für eine starke Verhandlungsposition die FPÖ nun hat.
Oje, raus aus der Regierung?
Kein Drama, Opposition konnten sie immer besser und jeder Millimeter, den Kurz zu einer Mitte-Koalition rückt, ist – siehe oben – einfache Beute.
Opposition ist für die FPÖ die ideale Position, um sich zu fangen, neu zu organisieren und zu attackieren. Regierung ist zwar nett, aber ein an die Grünen geketteter Kurz ist ein All-you-can-eat-Buffet für Kickl & Co. Wieso Türkis-Blau nochmal antun und weiter an Kurz ausbluten?
Willkommen im freien Markt, Herr Kurz.
Hohe Nachfrage bei der ÖVP bzw. wenig Motivation und hohes Risiko bei der FPÖ. Das wird teuer.
Kickl als Minister, BMI bei der FPÖ? Haltet Euch fest: Kurz wird es mittragen, weil er wie die Tories, die Republikaner nur mehr nach unten kann.
Aber aber aber die #FPÖ steht knapp vor der Spaltung, und überhaupt hat sie bewiesen, dass sie nicht regierungsfähig ist höre ich die Kommentatoren. Wirklich? #Strache ist mit Philippas Abgeordnetengehalte befriedet, die Liste Strache wird es nicht geben.
Gegenfrage: hat es #Kurz geschadet, diese nicht regierungsfähige Partei in die Regierung geholt zu haben? Nein. Im Gegenteil.
Die Kurz-Partie hat tatsächlich Grund zur Annahme sogar vom Platzen von Türkis-Blau 2 mehr profitieren zu können, als von einer Koalition mit den Grünen.
Deswegen trau ich mich, ganz unaufgeregt folgende Sätze ins Stammbuch aller Die-Grünen-müssen-uns-vor-Türkis-Blau-2-retten-Kommentatoren zu schreiben:
- Macht uns und Euch nichts vor
- Es sollte immer und wird wieder Türkis-Blau werden
- #Kurz wird der #FPÖ Zugeständnisse machen
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