Weil hier vieles gerade durcheinander gerät, ein paar Gedanken, die ich nach längerer Recherche zu #extinctionrebellion habe: 👇🏾
1. Zur dem Vorwurf der Demokratie-Feindlichkeit: er basiert auf einer Aussage des Mitgründers Roger Hallam im Interview mit @RaphaelThelen, das kürzlich auf @SPIEGELONLINE erschienen ist (spiegel.de/wissenschaft/t…)
Ich selbst habe Hallam schon zuvor zum Gespräch in London getroffen und ihn auch da als sehr provokanten Typ erlebt, der seine Sätze sehr bewusst formuliert (zeit.de/2019/37/roger-…) Die meisten Mitglieder mit denen ich gesprochen habe, würden so einen Satz aber nicht teilen.
2. Ähnlich verhält es sich mit dem Vorwurf, XR sei offen für Rassisten/ rechte Ideologie: Er basiert auf einer Aussage,die Hallan im Interview mit mir gemacht hat...
Er sagte „auch Menschen, die ein bisschen sexistisch oder rassistisch denken, können bei uns mitmachen.“ Dahinter steckt das erklärte Ziel von #ExtinctionRebellion, eine Bewegung der Masse zu schaffen, indem sie alle willkommen heißen, egal wie sie sind. Aber -
-... und das ist wichtig, für die Bewertung: weder Hallam, noch ein anderes #ExtinctionRebellion Mitglied hat mir gegenüber je rassistisches Verhalten legitimiert, auch sonst habe ich das bisher nicht gelesen (Gegenbeispiele gerne schicken)...
In England wird versucht diese Ambivalenz aufzulösen, indem sie sich auf ihr achtes Prinzip berufen, nachdem man niemanden beleidigen darf. XR Deutschland hat sich nach meinem Hallam Interview in einer Stellungnahme noch klarer gegen diskriminierendes Verhalten ausgesprochen.
3. Aus meiner Sicht ist eines der größten Probleme von #ExtinctionRebellion, dass die Gruppe widersprüchlich & schwer greifbar ist, auch für Mitglieder selbst. Das liegt vor allem daran, wie sie strukturiert sind: es gibt Gründer, die alles geplant haben und Prinzipien...
an die sich alle halten sollen. Es gibt eine Symbolik, die sie verbindet. Aber alles was danach kommt, soll offen sein. Die einzelnen Ortsgruppen handeln unabhängig bei ihren Aktionen (und entscheiden zb. auch selbst, ob sie Spendengelder annehmen, die London eingesammelt hat).
4. Ein anderer Punkt, in dem sich die Widersprüchlichkeit spiegelt: die Diskussion um die Radikalität. Auf der einen Seite setzt #ExtinctionRebellion (anders als etwa @FridayForFuture) auf Strassenblockaden und andere unangemeldete Protestfomen. Gleichzeitig wollen sie aber das..
Bild der friedlichen Aktivisten vermitteln, die mit der Polizei zusammenarbeitet und den Beamten auch mal „wir lieben euch“ zurufen. Das führt auch zu allerhand Durcheinander bei der Interpretation, vielleicht noch mehr als bei spontan entstandenen Gruppen wie @FridayForFuture
Zusammengefasst wäre ich sehr vorsichtig mit Aussagen, die #ExtinctionRebellion vereinheitlichen. Wie bei allen Bewegungen ist es natürlich wichtig, über sie zu diskutieren und wenn nötig Kritik an Aussagen und Handlungen zu äußern, aber dabei
ist es wichtig, die Ambivalenz der Gruppe wahrzunehmen und zu benennen. Das gilt für Journalisten, die über sie schreiben, genauso für Politiker, die sich jetzt ein Bild machen und möglicherweise zu schnellen Urteilen kommen. #ExtinctionRebelion
Interessant dazu zu lesen ist auch dieser Text aus dem Guardian: theguardian.com/environment/20… (Danke für die Empfehlung, @rainerzufall_le)
Die Kollegin @SimoneCatharin und ich haben übrigens auch kurz über die Widersprüche von #ExtinctionRebellion gesprochen, im @zeitonline Podcast #wasjetzt 👇🏾zeit.de/politik/2019-1…
