Thread by @mariajlorenz

Podcasts sind im Kern sehr privat und als Leidenschaft von einigen kreativen Menschen entstanden, die in ihrer Freizeit mit höheren technischen Hürden angefangen haben zu produzieren. Sie haben damit die Basis für das geschaffen, was heute ein neues Medium ist. Eins, das vielen

Millionen Hörern Geschichten, Freunde und Safe Spaces geschenkt hat. Auch wir haben nur dank dieser Menschen anfangen können zu podcasten, in einer Zeit, in der die Community in Deutschland noch babyklein war.
Nun werden Podcasts an einigen Stellen ein

Business. Ein Geschäft mit Auftragsproduktionen und Verträgen.
Dazu ein paar Gedanken: Was ich immer mehr höre und selbst erlebe, ist, dass diese Verhandlungen selten gleichberechtigt sind. Große (meist Medien-) Firmen, die in Podcasts (zurecht) eine Zukunft sehen, suchen sich

OG-Podcastschaffende (schlau) für Inhalt und Produktion, die oft aus oben genanntem eher privatem Umfeld kommen. Im Gegenzug gibt es eine Gage und darüber freut man sich manchmal so sehr, dass unverhandelt Verträge unterschrieben werden. Verträge, die ab und an einseitig und

possessiv und auch mal sehr aggressiv sind. Und natürlich müssen sich die Kunden schützen. Aber wer beschützt die Podcastschaffenden, die sich keine juristische Hilfe leisten können und eingeschüchtert sind von dem großen Gegenüber mit Rechtsabteilung? Man hat keine Erfahrung im

Verhandeln. Mietverträge, Handyverträge, usw., wer verhandelt da schon? Aber Verträge sind Verhandlungssache. Immer. Lest sie in Ruhe, denn das meiste kann man mit gesundem Menschenverstand verstehen. Investiert vielleicht in eine Stunde mit einer Rechtshilfe, oder fragt ganz

offen beim Kunden, was ihr nicht versteht und geht eventuelle Konsequenzen gemeinsam durch. Keine Angst vor diesem Schritt. Der Kunde wird durch eure gezielten Nachfragen und Änderungswünsche merken, dass ihr ein ernstzunehmender Partner seid und ihr euch zu schützen wisst.

Lasst euch nicht durch Sätze wie „Das machen wir schon immer so.“ ablenken, denn Podcastverträge machen sie noch nicht schon immer „so“, die sind neu, auch für sie. Achtet zb darauf welche Rechte an der Geschichte ihr abgeben sollt, falls es eure Inhalte sind (denkt an Staffeln,

Bücher, Adaptionen). Auch wichtig: wer trägt welche Verantwortungen? Formuliert genau, welche Aufgaben mit der Gage abgegolten sind. Viele Firmen wollen alles aus einer Hand, aber das heißt nicht, dass ihr das liefern müsst. Als Podcastproduzent*in ist man nicht automatisch auch

Social Media-Expert*in, Texteschreiber*in, Fotograf*in, Videofilmer*in, Gästebetreuer*in, Redakteur*in, Assistent*in oder Fahrer*in. Lasst euch jede Arbeit bezahlen, oder sagt auch mal „Nein“. Ihr liefert den Kunden teils jahrelang gelernte Skills, Expertise und vor allem Zeit

an, die sie ohne euch nicht hätten. Diese Dinge sind viel wert, daher müsst ihr sie beschützen. Eure Fähigkeiten werden anderen immer nur so viel wert sein, wie euch selbst. Und wenn jemand davon profitieren will, ist das ok, aber es muss entsprechend entlohnt und vertraglich

festgehalten werden. Nach einer guten Verhandlung fühlen sich meist alle Parteien besser, auf Augenhöhe und mit gegenseitigem Respekt für die vor euch liegende Arbeit. Und sollte mal ein Kunde dabei sein, der keinen Millimeter am Vertrag ändern will und mit Weitergabe des Jobs

an jemand anderen droht, zieht auch mal fröhlich weiter, da diese Unbeweglichkeit und das Desinteresse an euren Wünschen meist Indikatoren für die gemeinsame zukünftige Arbeit sind.

Verhandelt nett, aber strikt, fragt viel nach und gebt euch den Wert, den ihr verdient habt und zeigt Empathie, lasst euch auf Gespräche ein und unterschreibt nichts, was ihr nicht versteht oder nicht leisten könnt. Unterstützt euch gegenseitig und macht tolle Podcasts. <3