Snowfarming [Thread]
Es geht um Wintertourismus, der Fokus liegt auf der Skiregion Kitzbühel und dem weißen Wurm auf der grünen Resterhöhe. Das Thema polarisiert, über Snowfarming, das weder neu ist und vielerorts angewandt wird, wird kaum geredet. 1/19
Es gibt mehrere Snowfarming Ansätze, allen gemeinsam ist die Konservierung von Schnee, während der warmen Jahreszeit. Schauen wir uns Kitzbühel an. Hier geht es um die Konservierung von vorwiegend „Maschinenschnee“. 2/19
Die Überlegung Schnee an Tagen mit großer Kälte zu produzieren und in Depots zu lagern, hat eine starke ökonomische Komponente. Spät einsetzender Schneefall und sehr mildes Wetter in der Weihnachtszeit, damit muss die Schneesport-Industrie rechnen. 3/19
Lassen wir den Einfluss der globalen Erwärmung aussen vor und nehmen es als Fakt. Fakt ist auch, dass Kälteperioden noch nach dem Hochwinter auftreten können. 2018 war diesbezüglich sehr markant. Überdurchschnittlich milde Temperaturen im Jänner, extreme Kälte Ende Februar. 4/19
Die Effektivität technische Schneeerzeugung steigt mit dem Temperaturabfall. Der Kostenfaktor sinkt mit der Zunahme von Kälte. Logisch, dass Schneeerzeugung für Depots - ob für laufende Saison oder Start der nächsten - bei möglichst optimalen Bedingungen durchgeführt werden. 5/19
Schneeerzeugung ist für Snowfarming der geringere Kostenfaktor als die Lagerung über die Sommermonate und die Verteilung auf Pisten & Loipen. Es kommt oft zu Überproduktionen, bei guten Produktions-Bedingungen, da keine Prognosen für den weiteren Saisonverlauf möglich sind. 6/19
Setzt ein Wintersportgebiet auf sehr frühzeitige Eröffnung, wird logischerweise der dafür nötige Schneebedarf extra produziert. Das muss sein, da erst zu Saisonende abschätzbar ist, wieviel Schnee von Pisten & Loipen verwertbar ist. 7/19
Die Frist zur Schneeerzeugung ist gesetzlich begrenzt. Im Frühling auf Vorrat zu produzieren ist nicht erlaubt.

Fazit 1: Der aufgebrachte Schnee ist aus ökonomischen Gründen vorwiegend technisch erzeugt. 8/19
Zur effektiven Lagerung im Sommer, soll der möglichst Schnee kompakt sein. Maschinenschnee ist ein vielfaches kompakter als Naturschnee.
Die Schneedichte erhöht sich durch die Lagerung je nach Tiefe und Lagerzeit im Depot. Etwa 680 kg/m3 in ca. 4m Tiefe; 545 kg/m3 in 1m. 8/19
Je kompakter der Schnee, desto höhere Außentemperaturen im Pisten-/Loipenbetrieb sind möglich.

Auch hier hat technischer Schnee Vorteile gegenüber Naturschnee, der zur Verdichtung neben Druck auch Tau- & Frostvorgänge benötigt. 9/19
Da die Verteilung von Schnee im Vergleich zur Erzeugung bei guten Bedingungen hohe Kosten verursacht, ist es naheliegend Kosten beim Sammeln zu sparen. Eine Schnee-Erzeugung am oder nahe am Depot ist logistisch von Vorteil. 10/19
Fazit 2: aus technischen & logistischen Gründen hat im Fall Resterhöhe technischer Schnee große Vorteile gegenüber Naturschnee. 11/19
Gesamtfazit - es ist kontraproduktiv, wenn Tourismus-Marketing vorgaukelt, dass hier natürlicher Restschnee zum Einsatz gelangt. Aufgeklärte Konsumenten wollen besonders auch im Hinblick auf Energieaufwand und Nachhaltigkeit transparente Informationen. 12/19
Die gute Nachricht für Schneesportfreund*innen: Meteorologen, Nivologen und Seilbahnbetreiber sind sich einig, dass auch in Zeiten von zunehmender globaler Erwärmung Schneesport in Österreich möglich sein wird. 13/19
Weniger gut: Auch die Frage, dass die dazu nötige Beschneiungstechnologien aufwändiger und damit teurer wird, ist kaum widersprochen. Tiefer gelegene Regionen sind davon naturgemäß mehr betroffen als das Hochgebirge. 14/19
Ob Freizeitsportler hochpreisige Angebote annehmen, die aus gut gepflegten Schneebändern inmitten grüner oder brauner Landschaft bestehen ist unklar, zumal das Umweltbewusstsein durch die Sensibilisierung für die Klimakrise ein anderes ist, als nich vor wenigen Jahren. 15/19
Sollte die Nachfrage, das Angebot nicht tragen können, wäre es ebenso fatal dieses durch Steuergeld zu stützen, als neue Pistenflächen zu genehmigen, die von vorneherein maschinelle Beschneiung im Konzept inkludieren. 16/19
Wirtschaftsexperten für Tourismus sprechen sich im Sinne der Nachhaltigkeit schon länger für Verkleinerung des Schneesportangebots bis zu schneeunabhängigen Alternativen aus. Die Tourismusentwicklung braucht eine zukunftsorientierte Wirtschaft. 17/19
Wachstumszwänge, die gerade hier eine massive Rolle spielen müssen dringend hinterfragt werden. Es geht um die Zukunft und die Lebensqualität nachfolgender Generationen. 18/19
Mit kurzfristiger Kosmetik und Intransparenz ist niemand gedient, am wenigsten den Menschen die in Wintersportregionen leben. 19/19

Klima- & Umweltfolgen wären ein weiteres komplexes Thema.

Details von WSL Institute for Snow and Avalanche Research SLF
researchgate.net/publication/32…
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