Arnsdorfs Bürgermeisterin geht zum Ende Nov in den Ruhestand. Martina Angermann war jahrelang Hetze von Rechtsaußen ausgesetzt; seit Febr ist sie krank. Den Antrag auf Ruhestand wg Dienstunfähigkeit stellte sie am 11.10. - also unabhängig vom später angekündigten AfD-Abwahlantrag
Die SPD-Politikerin (61) war seit 2015 (im selben Jahr war sie zum zweiten Mal mit >70% wiedergewählt worden) in Gemeinderatssitzungen, auf Bürgerversammlungen und im Internet von Gegnern eines möglichen Asylbewerberheims (das nie kam) immer wieder verbal attackiert worden.
Dabei taten sich u.a. hervor: Ein Ex-AfD-Politiker, der selbst auf einem seiner Grundstücke ein Heim für traumatisierte Flüchtlinge einrichten wollte. Nach der Ablehnung des Plans (inkl. eines üppigen Tagessatzes pro Flüchtling) durch den Landkreis erkor er Angermann zur Feindin.
Ein CDU-Gemeinderat, der die Bürgermeisterwahl 2015 deutlich gegen Angermann verloren hatte. Ein Rocker aus dem Motorradklub. Auf FB erklärte er 2016 angesichts der „Flüchtlingsinvasion“ alle „Gutmenschen“ zu Feinden, die ihn und seine Familie bedrohten.
Im Mai 2017 wurde ein Patient der Arnsdorfer Klinik, ein Epileptiker aus dem Irak, von vier 4 Männern aus einem Supermarkt geschleppt, geschlagen & bis zum Eintreffen der Polizei an einen Baum gebunden. Er nervte vorher 3x das Personal wg einer defekten/abgelaufenen Telefonkarte.
Der Ex-AfD-Politiker heizte während des Vorfalls im Supermarkt auf FB an. Zu den „Fesslern“ gehörten der CDU-Gemeinderat und der Rocker. Eine Pegida-Anhängerin filmte das "Abführen" im Netto. Ihr Schlusskommentar: „Ist schon schade, dass man eine Bürgerwehr braucht, oder?“
Bürgermeisterin Angermann, aber auch der Arnsdorfer CDU-Chef verurteilten die Gewaltanwendung gegenüber dem Iraker als überzogen. Der im Gemeinderat von einer Zeugin zur Rede gestellte, an der "Fesselung" beteiligte CDU-Mann war sich keiner Schuld bewusst, sprach von Zivilcourage
April 2018: Prozess gegen die 4 "Fessler". Tage vorher wurde der Flüchtling tot im Wald gefunden. Er war offenbar nach einem epilept. Anfall erfroren. Der Richter stellte das Verfahren überraschend ein: kein öffentliches Interesse; allenfalls hätte es geringe Geldstrafen gegeben.
Am selben Abend tauchten Rocker bei der Gemeinderatssitzung auf. Die Einstellung feierten sie als Sieg und forderten lautstark eine Entschuldigung Angermanns. Dabei hatte das Gericht weder Schuld noch Unschuld der Angeklagten festgestellt. Zeugen sprachen von einer Drohkulisse.
Martina Angermann hatte sich schon in den 90er Jahren nicht unterkriegen lassen. Damals noch für eine andere Gemeinde tätig, bekam sie Besuch von westdeutschen Glücksrittern. Diese wollten um Dresden Gewerbegebiete aus dem Boden stampfen. Mit allen Mitteln.
Nachdem Angermann sich an einer Bestechung uninteressiert gezeigt hatte, wurde ihr gedroht, sie unter anderem im Auto verfolgt. 2001 wurde sie Bürgermeisterin in Arnsdorf, führte die Gemeinde aus höchster Verschuldung heraus.
Anfang 2019 - nach vier Jahren "Dauerbeschuss" - kann Angermann nicht mehr, muss sich krank schreiben lassen. Nach zwei Interviews im Herbst, in denen sie extrem rechte Umtriebe in Arnsdorf und mangelnde Gegenwehr kritisiert, will die AfD sie abwählen lassen.
Fast zeitgleich stellen der CDU-Gemeinderat (er ist inzwischen AfD-Fraktionschef) und der Rocker Strafanzeige gegen sie. Angermann soll die zwei verleumdet haben, sagt deren Anwalt, weil sie beide im taz-Interview als Teil einer Bürgerwehr bezeichnet habe.
Was die AfD bei der Ankündigung ihres Abwahlantrages nicht ahnt: Martina Angermann hat längst ihren Ruhestand beantragt, weil sie sich nicht mehr belastbar fühlt. Am 30.11. geht sie in Rente.
Anfang 2016 bot der Ex-AfD-Politiker auf FB ein Auto für eine mögliche Bürgerwehr an, wollte auch für den Unterhalt sorgen. Auf einer von ihm mitbetriebenen FB-Seite wird mehrfach eine Bürgerwehr ins Spiel gebracht; auch auf Versammlungen sollen solche Äußerungen gefallen sein.
