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Eine Person aus meinem engen Freundeskreis wohnt in einem Haus mit vier WGs, die planen eine #CoronaParty zu feiern. Habe eine Stunde über #COVID19 diskutiert und dann aufgegeben. Hier ist der Versuch einer rhetorischen Analyse. 👇
Die Person steht der aktuellen Isolationapolitik sehr kritisch gegenüber. Nach längerer Überlegung bin ich zum Schluss gekommen, dass es kein richtiges Kernargument gegen die aktuellen Maßnahmen gibt, sondern nur eine Reihe von Überzeugungen, die das eigene Handeln legitimieren.
Da ist vornehmlich eine fatalistische Grundhaltung, nämlich die Überzeugung, dass es ohnehin schon zu spät ist. Ich habe nachgehakt und gefragt was das genau bedeutet. Die Antwort in etwa: "Viren gehörten zu unserem Leben. Das gehe seinen Gang. Werden wir noch häufiger erleben."
Die fatalisierende Haltung zieht sich bis hin zur Mikroebene: im Haus bestehe keine Infektion und wenn es eine Infektion gäbe, dann habe man sich eh schon angesteckt (dass das ein ongoing process ist und die Leute auch weiterhin Kontakte nach außen haben - geschenkt)
Die Naturalisierung finde ich auffällig, weil es einerseits den pandemischen Umstand als (einen) Normalzustand postuliert und andererseits (dadurch) die Verantwortung vom Menschen weg verlagert. Das ist natürlich sehr praktisch für Leute, die ihr Verhalten nicht umstellen wollen.
Interessant auch, dass es im Grunde eine Binsenweisheit ist: es hofft soweit ich es lese, kaum jemand darauf, dass die Pandemie contained wird - es geht (lediglich) noch um #FlattenTheCurve. Bei "Das passiert eh" fehlt das Konkrete, das Sterben und Leid der Betroffenen.
Das habe ich natürlich angesprochen & die Argumentation richtete sich in eine andere Richtung: Relativismus. Denn vorher habe es die Menschen auch nicht interessiert, das vor den Grenzen westlicher Gesellschaften Millionen Menschen sterben. Jetzt auf einmal seien alle betroffen.
Und was soll ich sagen: es stimmt. Jetzt sind auf einmal alle betroffen. Die #COVID19 Krise appelliert nicht nur an Solidarität, sondern ebenso an Egoismus. Es kann jeden treffen. Ist das verwerflich? Ich finde es nicht falsch das zu diskutieren. Aber hilft das aktuell?
Das Moralisieren und Vergleichen hat seine Berechtigung, aber es ist nicht handlungsleitend. In der Diskussion darum, wie man sich verhalten sollte, ist das eigentlich sinnlos. Uneigentlich hat es aufschiebenden Charakter (whatsboutism).
Auch das habe ich angesprochen, vielmehr aber noch meine Unterstellung, dass sich Menschen, die diese Haltung ernsthaft als handlungsleitendes Argument durchziehen, ironischerweise auf genau die Seite derer stellen, die sie kritisieren und insofern eher "alles egal" predigen.
Das war gefühlt das einzige Argument, das irgendwie gezogen hat. MMn ist das halt nur ein einfacher Versuch, seine eigene Verantwortung herunter zu spielen und so das eigene Verhalten als legitim zu framen.
Einen weiteren Punkt, den ich ganz interessant fand war die Argumentation, dass die aktuelle Politik wenig Erfolg verspreche und gleichzeitig viele negative Sideeffects habe. Angesichts von Leuten, die #CoronaParty s feiern ist das natürlich eine selbsterfüllende Prophezeiung.
Auffallend war für mich der Mangel an Maßstäben, die ja aber für eine politische Entscheidung unbedingt erforderlich sind: Isolation würde nicht gelingen, gleichzeitig werde aber ein autoritärer Staat ausgebaut und häusliche Gewalt produziere.
Beide letzten Argumente sprechen mich an, weil ich die Gefahren natürlich auch sehe. Das Fahrwasser in das man dabei gerät ist gefährlich v.a. aber tief: letztlich geht es um eine Aufrechnung potenzieller Toter mit potenziellen Straftaten bzw. Einschränkungen von Bürgerrechten.
Solche Aufrechnungen zu machen ist eine politische und natürlich auch ethische Frage. Man kann es machen (muss es ggf. auch), aber es bedarf dann auch irgendwelcher greifbarer Maßstäbe (Welche Fälle können auftreten? Wie wägen wir das ab?) - seien sie noch so rudimentär.
Da kam die üble Referenz darauf, dass vornehmlich ältere Leute betroffen seien und es idS einen reinigenden Charakter habe. Finde ich krass, v.a. stimmt es mMn nicht, da es auch andere Risikogruppen gibt - zB Pesonen, die nach einem Unfall nicht im KH behandelt werden können.
Die Person, mit der ich wie gesagt gut befreundet bin, schätze ich als sehr intelligent ein und es stimmt mich bedenklich wie man in solch ein Argumentationsmuster verfallen kann. Egoismus, Ignoranz oder einfach eine weniger dramatische Sichtweise auf den Status quo?
Auch wenn Argumente dabei waren, die ich im Ansatz verstehe, kam mir alles wie eine Chewbacca-defense vor, weil die Argumente reflexhaft vorgebracht wurden und alle nicht so richtig durchdacht schienen. Ich nehme an, die Person wird damit nicht alleine sein.
Mir hat es in jedem Fall gezeigt, wie wichtig es ist, die Debatte um #COVID19 und damit verbundene politische Handlungen mit möglichst wenigen Emotionen zu führen - und wie schwierig das zuweilen ist. In jedem Fall eine Belastung für Freundschaften.
Vielleicht nochmal zur Klarstellung: die 4 WGs wollen (zumindest der Angabe der betreff. Person nach) unter sich feiern (12-15 Personen) also vermeintlich keine Einbeziehung Externer. Nicht, dass das einen inhaltlichen Unterschied macht, aber wir sprechen von keiner Massenparty.
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