Das Dilemma aktueller verfassungsrechtlicher Kritik ist nicht so sehr der bereits eingetretene #Ausnahmezustand, sondern der Satz: "Not kennt kein Gebot.", der zu schleichender Erosion von (verfassungs)rechtlichen Bindungen führt. 1/n
Ist es zulässig oder gar schädlich, an den gegenwärtigen Exekutivmaßnahmen grundsätzliche Kritik zu üben, wie @m_kubiciel moniert hat?
Muss jetzt allein Pragmatismus und praktische Verwertbarkeit von rechtswissenschaftlichen Beiträgen gefordert werden?
Muss sich aktuelle verfassungsrechtliche Kritik auf die Einhaltung gewissermaßen freischwebender Verhältnismäßigkeitserwägungen beschränken, wie dies @prof_mayer nahelegt?
Es ist jedoch ein Grundproblem der etablierten Verhältnismäßigkeitsprüfung, wie #BenjaminRusteberg im Anschluss an #Böckenförde klar herausgearbeitet hat, dass kein Grundrecht überragenden Geimeinwohlerwägungen wirklich etwas entgegensetzen kann.
Drohende Gesundheitsschäden für Hundertausende, ja Millionen Menschen, zahlreiche Todesfälle - da müssen die Grundrechte doch einmal kurz zurückweichen können, oder? Das muss doch möglich sein!
Und dies ist das Dilemma der vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz geprägten Grundrechtstheorie:
Ist die abzuwemdende Gefahr nur hinreichend groß, sind die Grundrechte fast schutzlos dem Zugriff der gefahrenabwehrenden Exekutive ausgesetzt.
Ist die abzuwemdende Gefahr nur hinreichend groß, sind die Grundrechte fast schutzlos dem Zugriff der gefahrenabwehrenden Exekutive ausgesetzt.
Gerade in dieser Situation freilich benötigt ein freiheitliches demokratisches Gemeinwesen eine auch rechtswissenschaftliche Reflexionsebene, die der schleichenden Erosion durch "Not kennt kein Gebot" etwas entgegenzusetzen vermag.
Diese Kritik muss zwangsläufig grundsätzlicher ansetzen, muss theoretisch fundiert un kontextualisierend argumetieren, um überhaupt Wirksamkeit entfalten zu können.
Die aktuelle Situation ist eine Sollbruchstelle der aktuellen Grundrechtstheorie.
Ironischerweise war es gerade die sog. Schmitt-Schule, die dieses Dilemma am frühesten und am deutlichsten kritisiert hat. /end
Ironischerweise war es gerade die sog. Schmitt-Schule, die dieses Dilemma am frühesten und am deutlichsten kritisiert hat. /end
