Was die FPÖ nun mit Anschobers Vorzeigelehrling inszeniert, erinnert mich an eine Usance aus den tieferen Regionen des Boulevardjournalismus, die mir als jungem Lehrredakteur vor 15 Jahren geschildert wurde.
Und zwar geht es darum, sich seine eigene Justizkrawallstory zu gestalten. Das läuft so: man formuliert eine anonyme Anzeige gegen die öffentlich bekannte Person XY und schickt sie (nota bene: anonym) an die Staatsanwaltschaft.
Dann lässt man ein Weilchen vergehen. Sobald man sich sicher ist, dass die Eingabe einen Eingangsstempel erhalten und zumindest flüchtig von Amts wegen gelesen wurde, ruft man bei der Justizbehörde an und fragt, ob es stimme, dass gegen XY eine Anzeige eingelangt sei.
Die wenig überraschende Antwort wird lauten: ja. Und schon kann man die Schlagzeile "Strafanzeige gegen XY" oder, mit noch weniger Genierer, "Justiz ermittelt gegen XY" stricken. Ob die Anzeige wegen Grundlosigkeit nicht weiterverfolgt wird, ist egal.
Wie oft so etwas vorkommt, ob es auffliegt, wer so etwas macht, wurde uns damals nicht gesagt. Dass es passiert oder zumindest in der Vergangenheit passierte, ist jedoch branchenweit bekannt.
Das Perfide daran, gerade in Zeiten der Sozialen-Medien-Empörungsmaschinerie: man kann damit jeden ungestraft und unter freier Erdichtung ärgster Vergehen in den Dreck ziehen. Die Reputation ist hin, egal, wie unbegründet die Vorwürfe auch sind. \Finis
