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Rudi Bachmann @BachmannRudi
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\thread Meine Analyse zu den US Midterms. Ungeschminkt und direkt aus Trump-Country (Indiana). Das kriegt ihr bei den dt. Medien nicht, deren Korrespondenten leben in einer quasi-europaeischen Blase.
Highlights zuerst: 1) Ja, die Demokraten haben das House gewonnen, weswegen Trump nicht mehr durchregieren kann. Es wird jetzt wieder scharfe parlamentarische Kontrolle geben (aber auch die Gefahr von totalem Stillstand).
2) Es gab aber keine sogenannte Blaue Welle. Der Sieg der Demokraten im House war OK, im Senat war es eine Katastrophe fuer die Dems, und bei den wichtigen und oft unterschaetzten Gouvernoeren ein gemischtes Bild.
3) Gute weibliche Kandidaten koennen Wahlen in den USA gewinnen, auch und gerade junge Frauen. Kandidaten von Minderheiten - eher nicht.
4) Trump - ironischerweise - belebt die Demokratie. Die Wahlbeteiligung war historisch hoch. Die Leute wollten fuer oder gegen ihn stimmen.
5) Amerika wird - auch ironischerweise - europaeischer. Das Wahlverhalten wird immer uniformer und geteilte Stimmen immer seltener, dh man waehlt ueberall entweder Rot oder Blau. Die Senator von Ohio und West Viriginia sind die grosse Ausnahme (vllt. noch der Senator von MT).
6) Wichtig, fuer alle, die sich in D Hoffnung machten: Trumpismus ist keine temporaere pol. Ideologie/Bewegung. Die zwei trumpistischen Housekand. in CA u NY, die Strafverfahren am Hals haben, gewannen ihre Distrikte. Ebenso der Mann aus MT, der einen Journalisten verpruegelte.
Was kann man strukturell/laengerfristig aus den Midterms lernen, auch fuer die Praesidentschaftswahl in 2020?
1) In den Speckguerteln der Grossstaedte, bei denen mit Uniabschluss, ist der Trumpismus unbeliebt. Auf dem Land dagegen das genaue Gegenteil. Das bedeutet fuer die Demokraten, dass sie das Haus zwar gewonnen haben, dass die Mehrheit aber hauchduenn sein wird.
Es muss immer alles gut laufen (und die Aenderung der Wahldistrikte nach 2020 in die richtige Richtung - weswegen die Gouvernoerswahlen so wichtig sind), damit diese Mehrheit auch behalten werden kann. Es war eben keine Blaue Welle. Es bedeutet auch, dass die Demokraten
sehr auf Kandidatenqualitaet achten muessen. Das kann mal der bunte multikulturelle Vogel sein, mal die Kriegsveteranin, je nach Distrikt.
2) Der Senat war eine einzige Katastrophe fuer die Demokraten. Dort werden die Richterernennungen entschieden, bei denen Trump jetzt zwei Jahre wirklich durchregieren kann. Das darf man nicht vergessen. Und ich sehe auch nicht, wann sich das aendern kann, denn ein Blick auf
die Landkarte genuegt: es gibt nun einmal mehr laendliche Staaten in Amerika als urbane. Hier gibt es einen strukturellen Vorteil fuer die Trumpisten.
Nebenbei: die Opposition gegen Richter Kavanaugh hat die Senatoren in Trumpstaaten vernichtet: Indiana, Missouri, North Dakota, vllt. Montana. Nur in West Virginia, dem einzigen demokratischen Senator, der pro Kavanaugh war, ist das nicht passiert.
3) Gouvernoere, das US Aequivalent unserer Ministerpraesidenten: gemischtes Bild. Die Demokraten haben wichtige Staaten wie Michigan und Wisconsin gewonnen, sogar Kansas. Auch Nevada sieht so aus. Aber auch ganz wichtige Staaten nicht gewonnen: Florida, wahrscheinlich
Georgia (beides schwarze Kandidaten), Iowa und vor allem: Ohio (wenn letzterer auch kein Trumpist sein duerfte). Warum ist das wichtig: Housedistrikte werden auf der Staatsebene bestimmt unter starker Beteiligung der Gouvernoere, und das steht nach 2020 wieder an.
Hier koennen demokratische Gouvernoere helfen, die Distrikte so zu ziehen, dass sie guenstiger fuer die Demokraten liegen.
Regionale Analyse und Ausblick auf die Praesidentschaftswahl in 2020:
1) Auch wenn die Ergebnisse jeweils knapp waren: Florida muss inzwischen als trumpistischer Staat gelten. Die aelteren Waehler dort sind begeistert von Trump, der ja auch in Florida wohnt. Kulturell sehen sie in ihm ein Vorbild und lieben ihn.
2) Der mittlere Westen gibt ein gemischtes Bild ab: Indiana muss nun endgueltig als roter Staat gelten, das ist jetzt Trumpkernland. Michigan und Pennsylvania haben bewiesen, dass sie am Ende doch demokratisch sind. Das erwarte ich auch fuer 2020.
Wisconsin ist da schon gemischter, auch wenn der demokratische Gouvernoer knapp gewonnen hat. Aber selbst wenn man Wisconsin (zusammen mit Michigan und Pennsylvania) 2020 wieder demokratisch macht, reicht es (knapp) nicht fuer die Dems.
3) Hier kommen Ohio und Iowa ins Spiel, die gestern Abend ein gemischtes Bild angaben: Ohio waehlt einen demokratischen Senator und einen nichttrumpistischen republikanischen Gouvernoer, beides mit guten Mehrheiten.
Was das fuer 2020 heisst - ich weiss es nicht, wohl aber, dass die Demokraten eine Kandidatin/einen Kandidaten aufstellen muessen, der in Ohio waehlbar ist. Und das sind nicht die linken Senatoren von der Ostkueste!!!!
Iowa war auch interessant: in drei von vier Distrikten wurden Demokraten gewaehlt, in einem davon eine ganz junge Frau. Auf der anderen Seite der US Bjoern Hoecke Steve King gewann wieder und die republikanische Gouvernoerin auch.
Wenn aber entweder Ohio oder Iowa demokratisch waehlen in 2020 (plus MI, PA und WI), dann ist Trump weg vom Fenster.
Auf der anderen Seite: Colorado, Nevada und New Mexico sind jetzt solide demokratische Staaten. Interessant werden die Rennen in Arizona und Texas, vielleicht Georgia. Auch wenn die Republikaner hier vorne liegen, sind die Mehrheiten doch knapp, vor allem Ted Cruz' Sieg
in Texas ist unerwarteterweise duenn. Hier koennten strukturelle Verschiebungen am Werk sein, die den Demokraten mittelfristig helfen koennten. Vor allem sah man in Texas einen der heissen Kandidaten auf die demokratische Praesidenschaftskandidatur: Beto O'Rourke.
Eine andere ist die Senatorin von Minnesota, Amy Klobushar, die in den oben genannten Staaten des mittleren Westens Waehler an sich ziehen duerfte. Was die Demokraten nicht machen duerfen: einen linken Kuesten-Kandidaten gegen Trump aufstellen.
Es bleibt fuer 2020 also hoechst spannend. Man kann den Demokraten auch nur anraten, nicht nur Trump zu aergern. Denn selbst wenn bei den Untersuchungen kriminelle Aktivitaeten ans Licht kaemen, gestern Abend hat gezeigt, das waere den Trumpistas egal.
Noch ein Wort zur Demoskopie: die Demoskopie lag bei den Housewahlen ganz gut, was wohl daran liegt, dass Prognosefehler bei 435 Einzelwahlen einigermassen unkorreliert waren und sie sich rauskuerzten.
Bei den Senatswahlen war es hingegen ein einziges Desaster nicht nur fuer die Demokraten, sondern auch fuer die Demoskopie: Indiana wurde voellig falsch vorhergesagt und auch sonst wurden die Wahlen als besser fuer die Demokraten ausgegeben als es dann kam.
Hier waren die Vorhersagefehler korreliert und systematisch: diese Staaten (IN, MO, ND, selbst wohl FL und MT) sind strukturell eben trumpistisch geworden.
Eine letzte persoenliche Bemerkung: ueber zwei Niederlagen habe ich mich als Oekonom und Wissenschaftler gefreut: ein verrueckter Austrian Oekonom verlor seinen House-Sitz in Virginia gegen eine Frau. Und der unifeindliche Gouvernoer von Wisconsin verlor auch. /vorlaeufiges Ende
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