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.@Luisamneubauer nimmt uns Journalisten in Gastbeitrag in die Pflicht. Wer seinen Beruf als Journalist Ernst nimmt sollte tatsächlich angesichts der Klimakrise neu nachdenken. Das ändert alles – ich spreche da aus Erfahrung. Thread 👇
In den Medien fand die Klimakrise bisher unter dem beschönigenden Schlagwort "Klimawandel" statt – in den Wissenschaftsressorts. Dort haben viele gute Kollegen Kärntnerarbeit geleistet, um uns, die Öffentlichkeit, zu sensibilisieren. Vergebens.
"Klima" gilt in vielen Redaktionen noch immer als Quotenkiller. "Klickt keiner", "zu abstrakt" und überhaupt: "wird schon gut gehen/ist nicht so dringend." Ich will euch jetzt zeigen, dass alle drei Argumente nicht mehr stimmen.
"Klickt keiner" – von nichts kommt nichts. Wer nie über die Klimakrise mit der gleichen publizistischen Kraft berichtet wie über die anderen Themen kann auch nie wirklich herausfinden, ob es keiner klickt.
Der @guardian kann zum ersten Mal Gewinn schreiben, online – ohne Paywall, auch weil er seit Jahren viel über den ökologischen Zusammebruch berichtet. Bei @krautreporter kommt bei Umfrage nach Umfrage raus, dass Klima für unsere Mitglieder eines der wichtigsten Themen ist,
"Zu abstrakt". Wisst ihr was, da aktuell z.B. darunter fällt?

- zwei tropische Stürme, die das sechstärmste Land der Erde verwüsten
- Ernteausfälle bei den deutschen Bauern & Wälder, die sterben
- Wasser, das bei wolkenlosem Himmel plötzlich in den Straßen Miamis steht
Verbergen sich hinter solchen Ereignissen etwa keine "Geschichten"? Viele Menschen da draußen haben schon verstanden, was in den Redaktionen Deutschlands erst langsam durchsickert: Die Klimakrise beherrscht immer mehr unser Leben.
Wirklich jedes einzelne Ressort ist davon betroffen. Bei "Auto" dürfte es offensichtlich sein. "Wirtschaft"? Mit jedem Grad Erwärmung sinkt das globale Wachstum um 1 Prozent.
"Gesundheit"? Wenn es heiß ist, steigen die Anmeldungen in den psychatrischen Kliniken. "Gesellschaft"? Wenn es heiß ist, steigt die Zahl der Gewaltverbrechen usw. usw.
Wir müssen diese Geschichten aber auch erzählen wollen. Ich würde sogar sagen: Wir haben eine Pflicht, sie zu erzählen. Das sind wir uns und den Menschen da draußen schuldig.
Erinnert ihr euch noch wie nach der Finanzkrise alle gefragt haben, warum das keiner kommen sehen hat? Der Unterschied zur Klimakrise und Artensterben ist: Wir wissen seit Jahrzehnten, dass es von Jahr zu Jahr schlimmer wird.
Wenn uns eines Tages mal die Menschen außerhalb der Redaktionen fragen, wieso wir nicht über die größte vorstellbare Gefahr für unsere Spezies dauernd und mit Nachdruck berichtet haben, wollen wir dann wirklich antworten: "Hat ja keiner geklickt"?
Ich habe nie über "Klima" geschrieben, aber die Klimakrise ist für einen Politikjournalisten wie mich nicht mehr ignorierbar. Wir haben eine Verantwortung gegenüber den Menschen und auch gegenüber uns selbst: Denn ohne stabile Natur wird alles schwer, Politik *und* Journalismus.
Falls ihr glaubt, dass ich übertreibe, lest diesen Text. Wenn wir weitermachen wie bisher, "wird es nicht schon irgendwie gut gehen":
krautreporter.de/2837-ab-jetzt-…
Was können wir konkret tun? Ist sicher von Redaktion zu Redaktion unterschiedlich, bei @krautreporter haben wir das Thema zu einem redaktionsweiten Top-Thema gemacht, unabhängig von Nachrichtenzyklen d.h. jeder unserer Schwerpunkt-Reporter soll dazu immer wieder berichten.
.@silkejaeger wird sich z.B. anschauen, was Hitze mit unserem Körper macht, ich schaue auf die Anti-Klimaschutz-Lobby, @JosaMania war bei Bauern in Sachsen, die sich anpassen müssen und unsere Mitglieder sammeln gerade Tipps, was jeder Mensch da draußen bei sich tun kann.
Die Formel ist einfach: Die Klimakrise ist eine große, tatsächlich feststellbare Gefahr. Deswegen ist sie ein großes Thema. Das ist schlicht auch eine Frage des guten journalistischen Handwerks.
Und hey, uns wird ja immer wieder dieses und jenes vorgeworfen. Oft kommt es dabei auf den eigenen Standpunkt an. Aber wenn wir dieses Thema weiter verpennen, dann ist das Urteil eindeutig: Wir haben schlechte Arbeit gemacht.
Hier findet ihr den Gastbeitrag von @Luisamneubauer, hinter einer Paywall: zeit.de/2019/20/klimap…
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