Als Zehn- oder Elfjähriger lernte ich Nazi. Das ist kein Aussteigerbericht. Ich lernte, wie man im Sommer mit kochendem Wasser Ameisen tötet. Wie man sich vorstellt, dass man sie tötet. Denn die Insekten ertrinken, aber überleben die Temperaturen. Das hat alles mit Faschogewalt 
nicht viel zu tun. Es gab diesen Bau unter den Stufen, die zur Terrasse führten. Die Ameisen kamen nach oben. Es war klar. Da sie keine Menschen waren, war es erlaubt, sie nach Belieben umzubringen. Was daran interessant war, war ihre Menge. Ihre Masse.
Ich war nie Nazi, aber was ich getan habe, war Teil der Selbstbilder und Eigenentwürfe von Nazis. Etwas kann wie in Fabeln erzählt werden, um das Brutalste zu dämpfen. Die Tiere schwammen davon. Das heiße Wasser so tief wie möglich in die Gänge eindringen zu lassen, oder
sie gezielt zu übergießen, war das Ziel. Dass sich das wie eine Nabelschau und selbst wie eine Untiefe von Reflektion liest, ändert nicht viel an der Erinnerung daran. Dieses kindliche Vernichtungsspiel war befriedigend und unbefriedigend. Es tat gut, ein Ziel zu haben. Das aber
war unerreichbar. Denn die Ameisen waren zahllos. Genau das forderte heraus, rigoroser vorzugehen. Am Ende war es eine Art Einübung in Mord. Due Methode kochende Wasser war abgeschaut und das Wasser war die Gegenmasse gegen die tausenden Ameisen. Jede ungezählte
war ein Produkt. Die Methode kochendes Wasser führte letztlich zu nichts und ich gab auf.
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