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Kämpfe zusammenführen - ein paar Anmerkungen zu diesem aktuell populärem Schlagwort und Konzept. Ausgangspunkt ist diese Debatte. #thread
Dahinter verbirgt sich erst mal keine Raketenwissenschaft: Gesellschaftliche Prozesse und Ereignisse berühren nie nur ein einziges Feld. Arbeitsrechte haben was mit der Wirtschaftschatfsordnung zu tun und über Mutterschutz und Elternzeit mit Feminismus und so weiter.
Daher werden diverse Kämpfe auch entsprechend in Orgas mit unterschiedlichen Referaten/Gruppen abgebildet, zum Beispiel bei Gewerkschaften, Parteien oder in der @inter_linke. Zusammen hat man mehr Möglichkeiten als alleine, Fachkenntnis kann auf die Expertinnen verteilt werden.
Auch gruppenübergreifend kann man sich so Unterstützung holen, um mehr Wirkmacht zu haben, zum Beispiel durch Bündnisse oder Supporterlisten. Auf Demos gibt es oft einzelne Blocks, siehe #Klimastreik, #enteignen oder #nopolg-Proteste.
In den USA wurde in den 80ern der Begriff der Intersektionalität geschaffen, um Diskriminierungen durch unterschiedliche Faktoren besser aufzuschlüsseln und im Umkehrschluss die Kämpfe dagegen verbinden zu können.
(Mit dem Originalkonzept der Juristin Crenshaw hat der heutige Intersektionalitätsbegriff nicht mehr viel zu tun und Crenshaws Konzeption widerspricht heutigen Auslegungen auch in einigen Details #sidenote)
"Kämpfe zusammen führen" darf aber kein Selbstzweck sein, welchen man auf der Strichliste abstreicht. Nicht alle Kämpfe können sinnvoll zusammengekämpft werden, bei einigen Themen wirkt es mitunter arg konstruiert, da die Verbindung der Themenbereiche nicht gerade stark ist.
Ein konkretes Beispiel: Bei einem Vortrag von @Ende__Gelaende stellten die Referentinnen das Zusammenführen von Kämpfen explizit heraus und bezeichneten die Grubenaktionen und den Kohleausstieg als feministisch. Auf Nachfrage wurde es etwas schwammig.
Nach einigem Grübeln verwies man dann darauf, dass durch den Klimawandel der globale Süden am stärksten betroffen sei, dort die meisten Katastrophen mit den wenigsten gesellschaftlichen Ressourcen bekämpft werden können und Frauen dort am meisten darunter leiden werden und...
...eh am meisten Arbeitsbelastung und Diskriminierung hätten, welche dann zunehmen würde. So weit nicht falsch, die besetzte Grube in der Lausitz ist aber nur über zwei Ecken ein feministischer Akt und es ist kein Kampf für Frauengleichstellung in sagen wir Somalia.
Die Gefahr besteht, dass man zu viele Dinge zusammenführen will und eine Mischung aus Atomismus und Beliebigkeit erhält. Dann ist die Baggerbesetzung auf einmal noch 20 andere Sachen als Klimakampf und der Fokus KANN verloren gehen, weil mit 20 Kämpfen alles beliebig wirkt.
"Alles hat mit allem zu tun" ist auf eine Art durchaus richtig, führt bei falschem Abbiegen aber zu einem "we live in a society". Ende Gelände selber arbeitet ja deshalb so erfolgreich, weil sie einen konkreten Aspekt aus dem breiten Feld des Klimaaktivismus bearbeiten.
Dieser kann konkret diskutiert werden und ist greifbar. Der Klimawandel ist weit weg, die Kohlegruben sind nebenan. Dadurch agitiert man dann Leute und macht konkreten Druck auf die Politik. Sinnvolle Ergänzungen zum Kohlethema sind eben Umweltaktivismus allgemein, ...
...Antikapitalismus, Arbeits- und Wirtschaftsorganisation. Also das, was den Klimawandel beeinflusst. Connecten mit anderen Klima- und antikapitalistischen Bewegungen liegen auf der Hand - solange man nicht in die Beliebigkeit abrutscht, alles hat mit allem zu tun.
Dadurch kann man genaue Begrifflichkeiten verlieren oder sich in Details verrennen, die nicht unbedingt zum Erfolg beitragen. Je größer Kampagnen werden, desto größer ist eh die Gefahr des Zerfransens, es werden andere Orgamethoden notwendig, Stichwort Arbeitsteilung.
Vor allem darf man nicht aus dem Auge verlieren, was denn jetzt der Kern des konkreten Aktivismusgegenstandes ist und wen man sinnvollerweise mit unterstützen kann. Das können schlichtweg nicht alle Kämpfe sein.
Wenn man jetzt, um am Tweet des Anlass zu bleiben, solidarisch mit Rojava sein will, dann kann man auch einfach "Ende Gelände ist solidarisch mit Rojava"-Sticker drucken und muss nicht über Umwege konstruieren, man kämpfe den selben Kampf, damit man das Konzept erfüllt hat.
Der gemeinsame Kampf ist im Gegensatz zu dem konkreten türkischen Einmarsch und dem konkreten Kohleausstieg nämlich nicht sehr konkret greifbar und nur durch umständliche, unnötige Herleitungen und beliebige Schlagwörter zu herzustellen.
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