Auf der anderen Seite der Strasse vor dem "Glashaus" mit der AfD sprach gerade der Vetreter der Falken. Wenn die Gegenveranstaltung durchalten will, braucht sie ein langes Standing bei der relativen Kälte.
Der Profifotograf mit Presseausweis bewegt sich jetzt zwischen Protest und Veranstaltungssaal. Übrigens ist das Gelände frei zugänglich. Die Tageszeitung HNA hat Dr. Tibor Pésza hier, Leiter der Nachrichtenredaktion. Pésza ist bekannt für konservative bis offen prokapitaliatische
Kommentare. Er interviewte vor Jahren Thilo Sarrazin (hna . de / politik/hna-interview-thilo-sarrazin-deutsche-sparer-zahlt-2361518.html) und gab diesem unkommentiert und ohne Nachfragen eine Plattform für eine Verteidigung und Befürwortung von EU-weiten Sozialabbauprogrammen.
Applaus im Saal für den einlaufenden Meuthen. Drei Presse-Kameras an ihm vor der blauen Stellwand der AfD. "Kuchen gegen eine kleine Spende".
#Meuthen spricht nach den üblichen Topics (Schutz der Kinder, Deutschland, ca. 10 x "Demokratie") seines Vorredners - gegen die Rundfunkgebühren, Merkel zu "entfernen", postdemokratische Verhältnisse.
Zur Ministerpräsidentenwahl #Thüringen macht er ein Gedankenspiel. Was wäre wenn Ramelow mit der AfD gewählt worden wäre? Werden nun, sagt er, alle Wahlen mit Stimmen der AfD aufhebbar? Er versucht performative Inhalte seiner Partei als Formalie darzustellen.
Die Gegenveranstaltung ist im Regen mittlerweile zuende gegangen. Der völkische Tenor Meuthens kommt nun klarer rüber. Seine Punkte sind Schutz der deutschen Grenzen, Wille der Völker, EU-Politik zum Verschwinden der Nationalstaaten, Geld "unserer
Steuern" für Klimatechnik, Kaputtreglementierung der deutschen Automobilindustrie durch Brüssel, exorbitante Sozialausgaben für Migranten.
Und weiter: Windkraft sei eine Versündigung an der Schöpfung, Menschen auf dem Land verstünden das, Verhinderung des Abstiegs Deutschlands. Standing Ovations. Meuthen redet, wenn er gegen urbane Mittelschichten spricht, in einem Move für das Bild einer Partei der "kleinen Leute".
Die Nachrednerin: Familie sei eine natürliche Ordnung und die Kernzelle der Gesellschaft, Linke verfolgten Antinatalismus, solche Linksfeministischen sollten besser keine Kinder bekommen, Untergang der Gesellschaft, Kulturfremde kommen, usw.
Die Rhetorik gibt sich hier kämpferisch-gesettelet, eher bodenständig und weniger "philosophisch" als im Irrationalismus von Höcke (gegneranalyse.de/das-weltbild-d…). Nicht zu vergessen der festliche Aufbau mit echten Kerzen und die Überbetonung des Normalen. 
Dieses "Vorpolitische" _ist_ das Politische der AfD. Mit Sven von Storchs Jahreskalender (dem Ehemann von Beatrix von Storch) wird das "Gender Stoppen" und die Ordnung des Natürlichen mit Sinnsprüchen von Hebbel (Bohemian und Nibelungen-Dramatiker) und Hegel (hier Figur der
Ratio) zur Lockeren Übung des Schönen Guten. Dieser Mix aus Unkonkretem Politischen und happy Antirationalistischem (auschließlich weiße Familien beim Waldspaziergang oder vor dem Zelt, Kinder mit der Oma beim Backen) spricht eine Sprache des Bedürfnisses nach Ordnung gegen
das "gewollte Chaos" des Feindbildes: Linke. Moderate und "Radikale" dieser Partei haben darum gleiche Methodiken und verteten gleiche Programnatiken.
Von Storch steht mit seiner eloquenten Unterschrift in Blau für die Abwehr moderner Diskurse, für die Abwehr des "Abartigen", des Schwul-Lesbischen. Einzig die "Alternative" hilft hier bei der Erfahrung des als surreal modern Empfundenen (bebildert in einer Ausstellung vor Ort
von Bildern von Georg Buhl). Das Politische der AfD legt dabei Prozesse der modernen liberalen Gesellschaft nahe - Diskussion, Protest, Rationalitär - meint aber ihr genaues Gegenteil. Dieses wird in einem Versprechen artikuliert, den Eliten zu zeigen und mit ihrer Abschaffung
die deutsche Gesellschaft, bei Höcke und den Sinnspruchgebern in Storchs Kalender ist es die ganze Welt, vor dem Diversen zu retten.
Die verschiedenen Programmatiken dieser Partei (parlamentaristisch nicht-revolutionär und diszipliniert hier, aggressiv faschistoid dort) sind offenbar bloß graduell. Ihre Identität ist an Außengrenzen gebunden. Alle anderen sind korrupt, verdorben, dekadent. Es wäre
verkürzend die Antimodernität der AfD anti-technisch auszulegen. Die Kreuzung ist aus dem Nazismus bekannt. Die Moderne und der Kapitalismus wird und kann nicht insgesamt negiert werden. Beide, die kulturell-soziale und die politisch-ökonomische Seite, sollen per Mystifikation
neu angeeignet werden, indem sie neu begründet und gereinigt werden, von unerwünschten, widersprüchliche Komplexität repäsentierenden "Elementen". Hier liegen die Momente des Rassismus, des Antisemitismus und des falschen Antikapitalismus dieser ultrarechten Partei.
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