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Sehr wichtige Initiative - 2500 heillos überschuldete Kommunen sollen ihre Altschulden loswerden

Doch ist der Bund der richtige Retter? Ist das nicht Sache der betroffenen Bundesländer (NRW, RLP, Saarland)?

Ein Thread zur Einordnung /1

spiegel.de/politik/deutsc…
Zunächst mal: wo kommt dieses Problem überhaupt her?

Das habe ich vor einiger Zeit mal @MakronomMagazin beschrieben: makronom.de/kommunalfinanz…

Bzw. hier in diesem Thread:


/2
tl;dr: Regionen im starken Strukturwandel mit hoher lokaler Arbeitslosigkeit mussten (vom Bund bestellte) Sozialleistungen erbringen

Finanzierbar nur durch:
a) Kürzungen bei Investitionen
b) Kassenkredite

Die überschuldeten Kommunen waren also eher "Opfer" als "Täter". /3
Bis heute sind insgesamt rund 40 Mrd. Altschulden aufgelaufen.

Sie schnüren den betroffenen Kommunen die Luft zum Atmen ab und sind maßgeblich (mit-)verantwortlich für die dortige Infrastrukturkrise mit maroden Schulen, geschlossenen öff Einrichtungen usw. /4
Es ist also völlig richtig, dass diesen Kommunen gezielt geholfen wird. Denn ohne externe Schuldenübernahme werden sie (allein durch immer weitere Einsparungen) niemals wieder auf die Beine kommen.

Aber die Frage ist: wer sollte helfen? Und wie? /5
Fakt ist: der Bund hat Sozialleistungen (wie Kosten der Unterkunft im Grundsicherungsbereich) bei den Kommunen abgeladen, ohne sie dafür adäquat finanziell zu kompensieren

Es ist deshalb auch gerechtfertigt, dass er sich heute an der Lösung des Problems beteiligt. /6
Doch auch die Länder sind gefordert: durch kommunalen Finanzausgleich und strenge Aufsicht haben einige den Weg ihrer Kommunen in die Kassenkredite von vorneherein verbaut.

Nicht so in NRW, RLP und Saar - wobei diese drei auch am stärksten vom Strukturwandel getroffen wurden /7
Es ist also richtig, dass Bund und Länder (und auch die Kommunen selbst) heute an der Lösung des Problems mitwirken.

Aber die Lösung hat zwei Komponenten:
a) Altschulden weg
b) verhindern dass die Schulden zurück kommen

Es kommt darauf an, wer welche Aufgabe übernimmt. /8
Das cleane Modell wäre, dass die 3 Länder ihre Altschulden allein abräumen. Am elegantesten durch das Parken in einem Fonds und Umschuldung zu Negativzinsen.

So müsste sich zB Hessen - das es für seine Kommunen genau so gemacht hat - nicht nochmal an einer Lösung beteiligen. /9
Der Bund würde in diesem Modell auch einen Beitrag leisten, nämlich indem es zukünftig viel höhere Anteile an bestellten Sozialleistungen direkt bezahlt.

Diese Herstellung des "Konnexitätsprinzips" dürfte auch für Bayern und BaWü interessant sein.... /10
...denn wer weiß schon, was der Strukturwandel zukünftig bringen wird. Zur Erinnerung: das neue Tesla-Werk entsteht in Brandenburg, nicht auf der schwäbischen Alb.

Alle haben ein Interesse daran, dass der Bund eine Versicherung gegen lokale asymmetrische Schocks bietet. /11
Aktuell sieht's nach einem anderen Skript aus: Der Bund räumt einen Teil der Altschulden direkt ab.

Kann man irgendwie nachvollziehen, denn momentan macht er (wegen der Negativzinsen) damit quasi noch ein Geschäft. Außerdem ist die Rolle des Robin Hood politisch attraktiv. /12
Die Ländern müssten sich aber auch hier beteiligen.

Nämlich indem sie den anderen Teil der Altschulden übernehmen und durch künftige fiskalische Umverteilung im KFA und Kommunalaufsicht verhindern, dass das Problem der Kassenkredite in der nächsten Rezession zurückkommt. /13
Meiner Ansicht nach wäre die erste Lösung ökonomisch besser: Länder machen Altschulden, Bund stellt Konnexitätsprinzip her.

Das Geld dafür hätten die Länder aktuell.

Aber das ist offenbar nicht kompromissfähig und konnte seit Jahren nicht umgesetzt werden. /14
Insofern halte ich die zweitbeste Lösung auch für OK: Bund und Länder teilen sich die Altschulden. Dann müssen aber auch beide versuchen, die Rückkehr des Problems in der Zukunft zu verhindern.

Durch stringentere fiskalische Umverteilung und Absicherung gegen asym. Schocks /15
Das Schlimmste was passieren kann: dass sich Bund und Ländern (wieder mal) gar nicht einigen und das Problem der kommunalen Altschulden einfach unerledigt in die Zukunft verschoben wird.

Dann werden wir Probleme wie diese hier 👇nämlich niemals lösen. /16
Doch seien wir optimistisch: Neulich sagte StS Werner Gatzer @BMF_Bund auf einer Spitzenveranstaltung zum Thema, dass momentan "ein seltenes Zeitfenster zur Lösung des Problem geöffnet sei".

Hoffen wir, dass er recht behält. @W_Schmidt_ @OlafScholz /END
Ordo-Kerngedanke ist Einheit von Verantwortung und Kontrolle.

Kommunen haben aber kaum Kontrolle, weder auf der Einnahme- noch der Ausgabeseite. Dafür viel Verantwortung für vorgeschriebene Sozialaufgaben.

Ergo: Ordoliberale müssten für die Entschuldung der Kommunen sein. /qed
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