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Modellrechnungen zu #flattenTheCurve in Deutschland. Die Reproduktionszahl gibt an, Wieviele ein Patient im Schnitt ansteckt. Ohne Maßnahmen (R0) liegt sie für Covid-19 bei 2-3. Schaffen wir es, sie unter 1 zu kriegen, sinkt die Zahl der Neuinfektionen, die Ausbreitung stoppt 1/x
Fährt man eine Strategie, die das zum Ziel hat, spricht man von Eindämmung. Die Idee von #flattenTheCurve: selbst wenn Eindämmung nicht gelingt, führt Verlangsamung zu flacheren Peak, wodurch wir die Kapazität des Gesundheitssystems nicht (so stark) sprengen 2/x
Wenn man Eindämmung aufgibt und nur noch auf diesen Effekt setzt, spricht man von Verlangsamung.
Die @DGEpi_eV stellt jetzt Modellrechnungen zu verschieden erfolgreichen Maßnahmen vor, die Reproduktionszahl zu senken. 3/x
Ihr Ergebnis: im Rahmen der Kapazität unserer Intensivstationen bleiben wir nur, wenn wir R unter 1.2 kriegen. Selbst bei 1.25 bräuchten wir zum Peak der Infektionswelle fast 250.000 Betten auf Intensivstationen. Wir haben 30.000. und die meisten sind bereits belegt. 4/x
R=1.2 bedeutet, dass ein Infizierter nur eine weitere Person ansteckt. Nur jeder Fünfte dürfte eine zweite anstecken. Steckt hingegen jeder vierte eine zweite Person an, sind wir schon bei R=1.25.
5/x
Das heißt: um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden, müsste die Verlangsamung so stark sein, dass wir vermutlich ähnlich drastische Maßnahmen bräuchten wie zur Eindämmung. Und die dann ewig lange durchziehen. Graph geht für 1 Jahr, da scheint ca Peak zu kommen. 6/x
(was nicht heißt, dass weniger erfolgreiche Verlangsamungen vergebens wären - selbst bei Überlastung, wäre des Ausmaß nicht so hoch. Und mit mehr Zeit würden wir Kapazität weiter hochfahren. Ist halt nur unwahrscheinlich, dass wir ohne Überlastung davon kommen) 7/x
Das bedeutet: Wenn wir ohne Triage auf den Intensivstationen davonkommen wollen, sollten wir R auf <1 kriegen, also eindämmen. Die notwendigen Maßnahmen wären nur wenig drastischer aber im Gegensatz zeitlich absehbar. Wir reden aber immer noch von Monaten. 8/x
Dann haben sie vorgerechnet, wie sich die Verläufe unterscheiden, wenn wir eine Senkung von R auf <1 jetzt gleich oder erst ein bisschen später hinkriegen. Die exakten Zahlen hängen davon ab, wie R heute ist. Kann man nicht sagen, weil Schulschließung etc zu frisch. 9/x
Nehmen wir an, R=2 (jeder infizierte steckt 2 andere an) und neue Maßnahmen, die auf 0.9 senken, setzen innerhalb von 7 Tagen ein (gezählt ab 15.03. - also los ab spätestens übermorgen), sind im Peak ca 10.000 auf Intensivstation. 10/x
Selbe Maßnahmen erst nach 21 Tagen, und wir überschreiten knapp unsere Kapazität von 30.000 Intensiv- Betten (die wir auch nur hätten, wenn es keine anderen Intensivpatienten gäbe) 11/x
Fazit: dem italienischen Szenario entgehen wir nur, wenn wir jetzt drastische Maßnahmen einführen und sie Monate durchhalten.
Sie erkennen an, dass die Belastung/Schaden durch solche Maßnahmen immens ist. Außerdem klappe es eh nur, wenn die Leute mitmachen. 12/x
Sie fordern daher eine öffentliche Diskussion, in der unsere Gesellschaft die Optionen abwägt. Und dann eben die Entscheidung trägt. Dabei tippen sie freundlich aber bestimmt auf die Armbanduhr. 13/x
Erstmal danke, @DGEpi_eV, für tolle #Wisskomm! Wissenschaft legt Optionen dar, bereitet sie verständlich auf und erläutert, aber Gesellschaft muss entscheiden. So muss das!

Noch einige Gedanken von mir.
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In den abstrakteren Plänen und Risikobewertungen zu Seuchenschutz habe ich bisher herausgelesen, dass man zuerst Eindämmung versucht. Solange man einzelne Fälle oder Cluster hat, kann man die mit contact tracing identifizieren und in Quarantäne packen. 15/x
Ab einer bestimmten Ausbreitung sei das nicht mehr möglich. Dann ginge es um Verlangsamung, gezielten Schutz von Risikogruppen, Managing von weiteren Impacts, zb auf Wirtschaft. 16/x
"Nicht mehr möglich" wird von den Ressourcen der Behörden abhängen, aber auch eine Aufwand/Nutzen Abwägung sein.
Wenn wir jetzt mit drastischen Maßnahmen eine Eindämmung schaffen, ist das Virus nicht weg. Wir sind nur wieder zurück zum Anfang, mit den vereinzelten Fällen... 17/x
...die wir mit contact tracing und Quarantäne in Schach halten müssen. Wahrscheinlich so lange, bis eine wirksame Impfung am Start ist.
Das wäre alle Mal billiger, als ewig auf Shutdown rumzuhängen. Und besser, als viele, viele Tote in Kauf zu nehmen. 18/x
Allerdings: Da waren wir doch schon mal. Gerade eben erst. Hat nicht geklappt.
Ich gehe aber davon aus, dass beim nächsten Mal die Behörden besser eingespielt sind, die Regionalpolitik geschwinder handelt (zb Fußballspiele) und die Mitwirkung der Bevölkerung besser ist. 19/x
Außerdem tut sich viel mit den Testkapazitäten. Roche haben den Covid-19 Test auf ihren RT-PCR Maschinen implementiert. Jede davon könne Tausende Tests pro Tag durchnudeln, über 100 stünden in Deutschland. FDA hat das gerade zugelassen roche.de/medien/meldung… 20/x
Dem Podcast mit Drosten konnte man entnehmen, dass auch Schnelltests von Virusproteinen in der Pipeline sind.

Wenn wir wirklich jeden kleinen Verdachtsfall testen können, die Behörden eingespielt sind und die Bevölkerung mitmacht, muss das doch drin sein. 21/x
Ich könnte mir auch vorstellen, dass die Verfügbarkeit schneller und ernsthaft zahlreicher Tests auch ermöglicht, R kleiner Null zu halten, ohne einen ewig langen Shutdown zu benötigen. Das wäre doch was. 22/x
Lasst mich mit einem großen Dankeschön an alle schließen, die eine Hoffnung auf bessere Testverfahren, Medikamente und Impfungen überhaupt möglich machen. Und die uns vorrechnen, wie unsere Optionen aussehen.

Lars out
23/23
@threadreaderapp, please unroll
Ich habe den Thread hier auch als Blogartikel ausgeschrieben. Falls das wer woanders teilen möchte larsunddiewelt.wordpress.com/2020/03/20/con…
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