1. Friedrich Merz hat schon 2018 als zentrales Versprechen formuliert, er werde die AfD halbieren. Jetzt wiederholt er es stetig. In Ergänzung zu dem Text: Kann er das? Nein. Liegt das an ihm? Nein.
Wir haben schlicht keine Ahnung, wie „zurückgewonnen“ geht. Und ob überhaupt.
Wir haben schlicht keine Ahnung, wie „zurückgewonnen“ geht. Und ob überhaupt.
2. Es gibt erstens kaum Präzedenzfälle. Massenerfolge von radikal rechten Parteien häufen sich erst seit den Neunzigern. Dass solche Parteien relevant stark wurden und dann wieder klein, gab es bisher nicht oft.
3. Wenn es vorkam, dann durchaus unter sehr speziellen Bedingungen: Rumänien der Neunziger, zweimal FPÖ, aber zweimal nach riesigen Skandalen, Liste Pim Fortuyn, nach einem Mord an ihm. Sehr gut, um daraus etwas abzuleiten, waren diese Fälle nicht.
4. Dazu kommt, dass es dazu meines Wissens keine spezifische Forschung dazu gibt, wie „zurückgewinnen“ geht. Was auch daran liegt, dass die Fallzahlen meist viel zu klein sind und es oft auch keine passenden Datensätze gab und gibt.
5. Das heißt: Jede Behauptung, wie man AfD-Wähler_innen zurückgewinnen kann, ist empiriefrei. Jeder Vorschlag kann nur auf der eigenen AfD-hoc-Theorie über die Gründe für AfD-Wahl fußen und wir wissen, dass schon die oft ebenfalls ziemlich empiriefrei (obwohl es sie gibt) sind.
6. Was es aber gibt, sind Befunde, die eine zunehmende Schließung der Wählerschaft zeigen. Außerdem wurde die Wählerschaft von 2013 zu 2017 homogener, obwohl sie wuchs, und besser vorherzusagen durch wenige Einstellungsvariablen.
7. Beides spricht tendenziell dafür, dass es nicht um Verirrung oder Protest geht, sondern Überzeugung. Was, gepaart mit Wir-gegen-alle-Rhetorik der AfD und gut begründeter Ausgrenzung der anderen bewirken könnte, dass es schwer wird, diese Schwelle wieder zu überschreiten.
8. Man muss also annehmen, dass das, was die AfD-Wahl zu Beginn erklärt, nicht auch die Abkehr von der AfD erklären kann, dass ein bloßes „Rückgängigmachen“ von Policies, selbst wenn man sie identifizieren könnte, nicht genügen würde, um AfD-Wähler_innen „zurückzugewinnen“.
9. Long Thread Short: Friedrich Merz‘ Versprechen, die AfD halbieren zu können, ist von nichts gedeckt und kann es nicht sein. Es handelt sich nicht um eine begründbare Tatsachenbehauptungen, sondern um einen performativen Akt, vielleicht Autosuggestion, vielleicht PR.
