Das Bundesamt und die Landesämter für #Verfassungsschutz gelten in Regierungsäußerungen und Öffentlichkeit als zentrale Werkzeuge im Kampf gegen den Faschismus. Sie sind nicht dafür geeignet und müssen ersetzt werden. Thread 1/28
Es geht wohlgemerkt nicht primär um dad praktische Problem, dass dort stockkonservative bis stramm rechte Law&Order-Fetischisten (i.d.R. korrekt gegendert) arbeiten (bis hinauf zum ehemaligen Chef des Bundesamts, dem rechten Hetzer und Verschwörungstheoretiker #Maaßen). 2/28
Vielmehr müssen Aufgabendefinition und Arbeitsweise dieser Dienste unter die Lupe genommen werden. Es heißt in ihren Verlautbarungen stets, sie bekämpfen die drei Bereiche Rechtsextremismus, Linksextremismus und Islamismus. Schauen wir uns die einzeln an. 3/28
Rechts- und Linksextremismus vermeintlich gleichberechtigt nebeneinander stellen: die beliebte und gefährliche Hufeisentheorie. Dass #Seehofer trotz umgekehrter Fallzahlen sagt, er wolle sich v.a. auf Linksextremismus und Islamismus konzentrieren, macht alles noch schlimmer. 4/28
Rechtsextremismus ist in der Tat die größte politische Gefahr für Deutschland, Europa und die Welt. Aber was soll ein Geheimdienst daran ändern, wenn rechte Macht- und Genozidfantasien in Form der AfD in allen Parlamenten sitzen? 5/28
Wenn sie Verbündete in den Unionsparteien haben, v.a. in Form der sogenannten "#WerteUnion" (der eingangs erwähnte #Maaßen ist dort besonders laut und aktiv)? Wenn ihre Vorstellungen z.B. in ARD-Polit-Talkshows und der ZEIT als legitime Ansichten präsentiert werden? 6/28
Es muss mit anderen Worten eine viel umfassendere gesellschaftliche Ächtung rechtsextremer Positionen geben, bevor irgendeine Behörde diese bekämpfen kann: Die SPD hätte #Sarrazin schon vor Jahren ausschließen müssen wie die CDU ihre "WerteUnion". 7/28
In den Medien sollte entweder gar nicht mehr mit Faschist*innen "diskutiert" werden, oder aber es braucht erheblich fähigere Journalist*innen (im ZDF gab es mit dem von Höcke abgebrochenen Interview und Koll vs. Chrupalla zwei gelungene Beispiele). 8/28
"Linksextremismus" ist seit spätestens 1989 weitgehend ein Popanz, ein Begriff, den Konservative bis Rechte für alles benutzen, das nicht ganz so faschistisch ist wie sie. Wer auch nur andeutet, die Mieten seien zu hoch und die Löhne zu niedrig, gilt praktisch als Kommunist. 9/28
Beim #G20-Gipfel in Hamburg 2017 oder jüngst in #Connewitz wurde einerseits #Polizeigewalt verharmlost bis geleugnet wird (Scholz: "hat es nicht gegeben"), und andererseits wird Randalierenden eine gefestigte politische Verortung unterstellt. 10/28
Der zentrale Punkt ist: 99,9% aller tatsächlich Linksextremen haben keine Todeslisten und planen keine Massenmorde, wie die Nazis das tun (inkl. wohlwollend vom CDU-Umfeld begleiteter Prepper-Szene, die schon mal Waffen und Leichensäcke sammelt). 11/28
Der letzte "linksextremistisch" motivierte Terror, nämlich durch die RAF, ist Jahrzehnte her, und die durchsichtigen Versuche von Polizei, CDU und "Bild", z.B. #Connewitz als "neue Qualität des Linksterrorismus"/"neue RAF" zu sehen, sind lächerlich. 12/28
Im Übrigen ist wie immer der Unterschied der zugrundeliegenden Ideologien zu beachten: Faschismus geht von der fundamentalen Ungleichheit der Menschen aus und befürwortet es, wenn die als höherwertig Empfundenen mit Gewalt über die anderen herrschen/sie beseitigen. 13/28
Sozialismus/Kommunismus/Anarchismus dagegen strebt die nicht nur gesetzliche, sondern vor allem auch wirtschaftliche Gleichberechtigung der Menschen an, die praktische Umsetzung von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Gewalt ist kein Kernbestandteil der Ideologie. 14/28
Wenn linksextremistisch motivierte Aktivist*innen also konkrete Straftaten begehen (und zwar nicht das lebensnotwendige Ankleben von #fckafd-Stickern, sondern z.B. das Anzünden von Autos), genügt normale Polizeiarbeit (bzw. ist in der Praxis oft schon überzogen). 15/28
Islamismus als dritte bekämpfenswerte Ideologie zu nennen, ist perfide. Im Grunde müssten auf gewaltsamen Umsturz angelegte fanatische Auslegungen ALLER Religionen dem Rechtsextremismus zugerechnet werden. 16/28
In den praktischen Ansichten über die Rechte von Frauen, Homosexuellen, Transgender-Menschen oder Meinungs- und Pressefreiheit gibt es z.B. keinen feststellbaren Unterschied zwischen ISIS/Taliban/Salafisten, rechten US-Evangelikalen und sonstigen Faschos. 17/28
Aber natürlich stehen einer solchen Einordnung zwei Dinge im Weg: 1. Das einseitige Vorgehen gegen "Islamismus" dient rassistischen Motiven/Zielen (selbst die AfD hat nie ein Wort gegen Sven Lau oder Pierre Vogel gesagt -- warum wohl?). 18/28
Praktisch alle Einwanderer*innen aus mehrheitlich islamischen Ländern und ihre Nachkommen werden unter den Generalverdacht gestellt, dem politischen Islam nahezustehen, obwohl viele von ihnen gerade vor diesem geflohen sind. 19/28
Rassist*innen interessiert es ja auch gar nicht, herauszufinden, wie grundgesetzkonform und säkular einzelne Mitglieder einer künstlich als homogen dargestellten "fremden" Community sind; ganz im Gegenteil. 20/28
2. Deutschland ist kein 100% säkularer Staat, sondern weist zahlreiche Verzahnungen mit den christlichen Kirchen auf: Kirchensteuer, Besoldung von Bischöf*innen aus allgemeinen(!) Steuern, konfessioneller Religionsunterricht, kirchliches Arbeitsrecht usw. 21/28
Die im Bund und allen Ländern relevanten konservativen Parteien tragen den Begriff "christlich" im Parteinamen. Selbstverständlich haben sie nicht das geringste Interesse daran, zuzugeben, dass es in ihren eigenen Religionsgemeinschaften problematische Ansichten gibt. 22/28
Zusammenfassung bis hier: Die einzige relavante Ideologie, die von Staatsseite politisch bekämpft werden müsste, ist der Rechtsextremismus, der umstürzlerischen religiösen Fanatismus unabhängig von dessen Konfession einschließt. 23/28
Nun zur Arbeitspraxis: Warum müssen faschistische Bestrebungen durch einen Geheimdienst bekämpft werden? Ihre volksverhetzenden Äußerungen sind öffentlich verfügbar. Ein Amt, das sie sammelt, bewertet und den Staatsanwaltschaften zuführt, wäre ausreichend. 24/28
Die gefährlichste Maßnahme ist der Einsatz von V-Leuten. Als naiver Jugendlicher dachte ich, die seien so etwas wie verdeckte Ermittler*innen: Nichtnazis, die sich unter falschem Namen einschleichen und nach den Rechten sehen. 25/28
Aber nein: Es sind Szenemitglieder, die angequatscht werden: "Hey, willst du dir was dazuverdienen, indem du deine Kameraden verpfeifst?" Es ist davon auszugehen, dass viele der Szene treu bleiben, absichtlich Unsinn erzählen und mit dem Geld die Szene finanzieren. 26/28
Und das Schlimmste: Sollte sich der rechtsblinde bis -freundliche Staat dann doch mal dazu durchringen, eine Nazipartei verbieten zu wollen, scheitert das Verfahren an "zu vielen V-Leuten" (1. NPD-Verbotsverfahren). 27/28
TL;DR: #Verfassungsschutz abschaffen, stattdessen offen und transparent arbeitende Behörde gegen Faschismus einführen oder entsprechende Expert*innen-Stellen bei Polizei und Staatsanwaltschaft schaffen. 28/28
